Allgemein bekannt sind Mietspiegel, Betriebskostenspiegel, Mietminderungstabellen, Heizspiegel, Schmerzensgeldtabellen, Reisepreisminderungstabellen; aber auch „Beleidigungsspiegel“, die, darüber informieren, welche Schimpfwörter und Kraftausdrücke z.B. gegenüber Behördenvertretern oder Polizisten wieviel kosten. Für entsprechende Äußerungen von Mietern gegenüber dem Vermieter, der Hausverwaltung oder den Mitbewohnern gibt es so etwas – soweit ersichtlich – nicht.
Daher nachfolgend ein (nicht ganz ernst gemeinter) „Beleidigungsspiegel“ mit den entsprechenden rechtkräftigen Gerichtsentscheidungen zur Information darüber, was den Vermieter zur Kündigung berechtigt bzw. was er „aushalten“ muss. Dass die gerichtliche Würdigung ähnlich gravierender Äußerungen höchst unterschiedlich ausfallen kann, liegt ganz einfach daran, dass es keine gesetzliche Definition gibt (und auch nicht geben kann), welche Äußerungen nun eine Beleidigung darstellen und die Entscheidung daher auch von den konkreten Umständen des Einzelfalles und nicht zuletzt von der „Schmerzempfindlichkeit“ des Gerichts abhängig ist.
Zur Vermeidung von Missverständnissen: Über 95% aller Mietverhältnisse laufen weitgehend reibungslos. Auch wenn es zu Meinungsverschiedenheiten zwischen den Parteien kommt, werden diese in aller Regel sachlich – wie es unter erwachsenen Bürgern selbstverständlich sein sollte – ausgetragen. Aber es gibt eben auch Ausnahmen.
Äußerung des Mieters |
Kündigung? |
Gerichtsentscheidung |
„Vermieter ist dusselig und soll sein Spatzenhirn anstrengen“ |
Ja |
AG München, Urteil v. 21.10.2008, 415 C 20663/08 |
„faule, talentfreie Abrissbirne“ |
Nein, da „allenfalls im unteren Spektrum der denkbaren Beleidigungen“ |
AG Berlin, Urteil v. 30.01.2015, 216 C 461/14, GE 2015 S.389 |
„Sie promovierter Arsch“ |
Ja |
AG München, Urteil v. 28.11.2014, 474 C 18543/14, WuM 2015 S.355 |
„Terrorist und naziähnlicher brauner Misthaufen“ |
Nein, weil „nur“ vom Betreuer der pflegebedürftigen Mieterin geäußert |
BGH, Urteil v. 09.11.2016, VIII ZR 73/16 |
„Russische Schlampe“ (zur Mitbewohnerin) |
Ja |
AG Coburg, Urteil v. 25.09.2008, 11 C 1036/08, ZMR 2009 S.373 |
Vorwurf von „kriminellen Machenschaften“ |
Nein |
LG Berlin, Urteil v.22.03.2013,63 S 298/12, ZMR 2014 S.38 |
„Hauswartsystem nach Stasi- und Gestapoart“ |
Ja |
LG Ansbach, Urteil v. 19.12.2013, 1 S 1252/12, ZMR 2014 S.446 |
„Illegale türkische Freimaurer“ „Terroristen von Polizei und Justiz“ Vermieter ist „strunzdoof“ und „saublöd“ |
Nein, weil offensichtlich pathologischer Natur |
LG Berlin, Beschluss v. 16.01.2018, 67 S 280/17, GE 2018 S.394 |
Androhung des „Abschneidens von Körperteilen“ |
Ja |
AG Frankfurt/M., Urteil v. 26.03.2015, 33 C 3506/14, ZMR 2015 S.620 |
„Fette Kaugummidrecksau“ |
Ja |
LG München I, Urteil v. 13.01.2015, 14 S 24161/14, ZMR 2015 S.856 |
„Scheißkerl“ |
Nein, weil nur „mittelschwere“ Beleidigung |
LG Hamburg, GE 1990 S.305 |
Vorwurf „Vermieter leiste brutale Sterbehilfe“ (wegen zu hoher Raumtemperaturen) |
Ja |
AG München, Urteil v. 14.11.2014, 452 C 16687/14 |
Drohung an den Hausmeister, ihm „die Zähne einzuschlagen, sollte er sich noch einmal in die Siedlung trauen“ |
Ja |
AG Köln, Urteil v. 21.11.2014, 208 C 151/14, DWW 2015 S.298 |
Im Internet über den Vermieter: „Heuschrecke, Sauverein, Betrüger, Erpresser“ |
Nein, keine Schmähkritik, weil Bezug zum mietrechtlichen Streit |
LG Lübeck, Urteil v. 17.06.2011 – 6 O 133/11, WuM 2013 S.530 |
Bedrohung von Mitmietern: „Ich schneide euch die Hälse durch“ |
Ja |
LG München I, Urteil v. 10.10.2012, 14 S 9204/12, NJW-RR 2013 S.14 |
„Drecksau, Arschloch“ |
Nein |
AG Nürnberg, Urteil v.11.05.1994, 26 C 4676/93 , DWW 1996 S.87 |
„Schwein“ |
Ja |
AG München, Urteil v. 09.08.2013, 411 C 8027/13 |
„Arschloch, Hurensohn“ |
Nein, nur „allgemeine Sprachverschiebung“ |
AG München, Urteil v. 06.12.2016, 461 C 10371/16 |
„Arschloch, Hurensohn“ |
Ja |
LG München I, Urteil v. 27.09.2017,14 S 288/17, ZMR 2018 S.47 |
Letztlich noch ein „netter“ Dialog im Treppenhaus anlässlich von Mietrückständen. Der Vermieter: „Mietern, die nicht zahlen, müsste man echt einen Kopfschuss geben“. Antwort des Mieters: „Aber dann wird doch erst recht keine Miete mehr gezahlt“. Darauf der Vermieter: „Dann schieße ich eben ins Knie“ – LG Lübeck, Urteil v. 21.02.2012, 17 O 208/11: Für den Mieter kein Grund zur fristlosen Kündigung.
Rechtsanwalt Rudolf Stürzer
Vorsitzender HAUS + GRUND MÜNCHEN
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Betriebskosten in der Praxis
ISBN: | 978-3-648-15201-0 |
Auflage: | 10. Auflage 2023 |
Umfang: | 350 Seiten |
Einband: | Broschur |
€ 28,03 zzgl. MwSt.