Kündigung wegen Strafanzeige gegen den Vermieter?
Erstattet der Mieter gegen den Vermieter Anzeige wegen einer angeblichen Straftat des Vermieters, ist es Aufgabe des Mieters darzulegen und ggfs. zu beweisen, dass der Vermieter die angezeigte Tat entweder tatsächlich begangen oder der Mieter jedenfalls im Rahmen der Anzeigeerstattung nicht leichtfertigt gehandelt hat. Leichtfertigkeit liegt vor, wenn der Anzeigende bei gewissenhafter, ihm möglicher und zumutbarer Prüfung hätte er erkennen müssen, dass die Unterlagen für seine Behauptungen unzulänglich oder unzuverlässig sind oder auf haltlosen Vermutungen beruhen. Eine auf haltlose Vermutungen gestützte Strafanzeige des Mieters gegen den Vermieter kann eine schwerwiegende Verletzung der Treuepflicht nach § 241 Abs. 2 BGB darstellen und den Vermieter zur fristlosen Kündigung des Mietverhältnisses berechtigen. Einer vorherigen Abmahnung des Mieters bedarf es nicht, wenn die Kündigung aus besonderen Gründen unter Abwägung der beiderseitigen Interessen gerechtfertigt ist. Ferner kann die Erstattung einer Strafanzeige gegen die andere Vertragspartei den Straftatbestand der üblen Nachrede i.S.v. § 186 StGB erfüllen, sofern die Tatsache nicht erweislich wahr ist (LG München I, Urteil v. 04.04.2017, 14 S 284/17, ZMR 2017, S. 484).
Dementsprechend berechtigt eine Strafanzeige des Mieters den Vermieter nur zur fristlosen Kündigung, wenn sie auf erfundenen Tatsachen beruht oder leichtfertig erstattet wurde.
In einem vom BGH entschiedenen Fall hatte eine unbekannte Person unter Verwendung der Email-Adresse der Mieterin mehrere Bestellungen aufgegeben und die Mieterin in einem „Seitensprungportal“ angemeldet. Aufgrund von Streitigkeiten mit ihren Vermieter hatte die Mieterin den Verdacht, dass ihr Vermieter hinter diesen Aktionen stecke und erstattete Strafanzeige. Obwohl der Täter nicht ermittelt werden konnte, sah der BGH die vom Vermieter aufgrund der Anzeige ausgesprochene Kündigung des Mietverhältnisses als unwirksam an, weil angesichts der Vorgeschichte der Verdacht nicht fernliegend gewesen sei und die verwendeten Daten daraufhin deuteten, dass der Täter im nahen Umfeld der Mieterin zu vermuten ist. Da die Strafanzeige auch einen von den bestehenden mietrechtlichen Streitigkeiten unabhängigen Sachverhalt betraf, könne der Mieterin auch nicht vorgeworfen werden, die Mietstreitigkeit mittels der Strafanzeige beeinflussen zu wollen. Somit war es nach Auffassung des BGH von der Mieterin nicht leichtfertig, diesen Verdacht zu äußern (BGH, Beschluss v. 08.08.2023, VIII ZR 234/22).