Mängel – Grob fahrlässige Unkenntnis durch Verzicht auf Besichtigung

Urteilsdatum: 07.07.2022

Mängel der Mietsache können den Mieter zur Minderung der Miete und in bestimmten Fällen auch zur fristlosen Kündigung des Mietverhältnisses berechtigen. Kennt der Mieter jedoch bei Abschluss des Mietvertrages den Mangel der gemieteten Sache, stehen ihm diese Rechte nicht zu (§ 536 b BGB).

Nach einem neuen Urteil des LG Lübeck schließt allerdings nicht nur eine positive Kenntnis von Mängeln, sondern auch eine grob fahrlässige Unkenntnis des Mieters eine Minderung oder fristlose Kündigung aus. Dies ist der Fall, wenn der Mieter vor dem Abschluss des Mietvertrages auf eine gründliche Besichtigung der Wohnung verzichtet. Ungünstige Eigenschaften der Mietsache muss der Vermieter nicht ungefragt offenlegen. Ein Inserat mit günstigen Fotos ist nach Auffassung des LG Lübeck keine arglistige Täuschung. Eine solche entfalle auch wegen der fehlenden Besichtigung: „Derjenige, dem etwas egal ist, kann hierüber auch nicht getäuscht werden“. In dem vom LG Lübeck entschiedenen Fall hatte der Mieter vor Abschluss des Mietvertrages auf eine gründliche Wohnungsbesichtigung verzichtet, beanstandete aber am Tag der Übergabe beschädigte Stellen einer Couch, verschmutzte Steckdosen und ein abgewohntes Mobiliar. Der Mieter focht den Mietvertrag wegen arglistiger Täuschung an, erklärte den Rücktritt, kündigte fristlos und zahlte keine Miete. Das LG Lübeck verurteilte den Mieter zur Zahlung der Miete, da er aufgrund der unterlassenen Besichtigung der Wohnung vor Abschluss des Mietvertrages weder Gewährleistungsrechte noch ein Rücktrittsrecht geltend machen kann (LG Lübeck, Urteil v. 07.07.2022, 14 S 23/21, GE 2022, S. 907).

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