Jahreshaupt­versammlung 2021

Wie viel Belastungen verträgt das Eigentum?

Der Haus- und Grundbesitzerverein München und Umgebung e.V. blickte auf seiner Jahreshauptversammlung am 26.10.2021 auf zwei außerordentlich erfolgreiche Geschäftsjahre, 2019 und 2020, zurück, da im vergangenen Jahr die Jahreshauptversammlung aufgrund der Covid-19-Pandemie nicht stattfinden konnte. Trotz der widrigen äußeren Umstände ist der Verein gut auch durch das Jahr 2020 gekommen. Der Zustrom von Neumitgliedern war ungebrochen. Bereits in naher Zukunft wird die Zahl der Mitglieder die Rekordmarke von 38.000 erreichen. Dafür wurde der Verein auch heuer wieder – zum 14. Mal in Folge – als erfolgreichste Interessenvertretung der Haus- und Wohnungseigentümer im Bundesgebiet ausgezeichnet.

In der trotz der 3G-Zugangsbeschränkungen zum Festsaal des Löwenbräukellers sehr gut besuchten Jahreshauptversammlung, bei der der Vortrag des Präsidenten des Bundesverfassungsgerichts a.D., Prof. em. Dr. Dres. h.c. Hans-Jürgen Papier, zur Frage „Wie viele Belastungen verträgt das Eigentum?“, auch per Live-Stream mitverfolgt werden konnte, fasste der Vorsitzende vom HAUS + GRUND MÜNCHEN, Rechtsanwalt Rudolf Stürzer, die Entwicklungen der vergangenen zwei Jahre zusammen.

Der Wohnungsmarkt sei von einem starken Nachfrageschub geprägt gewesen. Der Umstand, dass zahlreiche Menschen im Home-Office arbeiteten, trieb angesichts des damit verbundenen gestiegenen Bedarfs an Wohnfläche und Räumlichkeiten die Preise weiter in die Höhe. Anders hingegen die Situation bei der Vermietung von Geschäftsräumen: Diese war oftmals geprägt von Leerstand, Einbrüchen bei Mietzahlungen und, trotz vielfacher staatlicher Unterstützung, auch von Insolvenzen.

Das enorme Volumen dieser staatlichen Hilfen werfe, so Rudolf Stürzer, Fragen nach ihrer Finanzierung auf. „Ist dies ohne Steuererhöhungen realistischerweise zu finanzieren?“ Unbestreitbar sei, dass der Staat Geld benötige, und „er werde es sich da holen, wo etwas zu holen sei“, z.B. bei den Eigentümern von Immobilien, die ohnehin im Fokus der Finanzämter stünden. Immobilieneigentümer seien bereits heute einer Vielzahl von Belastungen ausgesetzt, z.B. durch immer strengere Mieterschutzbestimmungen, Mietpreisbremsen, aber auch durch das Verbot der Umwandlung von Mietshäusern in Eigentumswohnungen und insbesondere durch die Erbschaftsteuer, die in der Praxis vielfach wie eine „Erdrosselungsteuer“ wirke.

Die Politik greife jedoch nicht nur nach dem Vermögen seiner Bürger, sondern schrecke auch nicht davor zurück, das Grundgesetz zu missachten, wenn es um die Bedienung der eigenen Klientel gehe. Ein aktuelles Beispiel sei der Berliner „Mietendeckel“. Obwohl nahezu alle namhaften Verfassungsrechtler einhellig zu dem Schluss gekommen seien, dieser sei verfassungswidrig, drückte der rot-rote Berliner Senat seinen „Mietendeckel“ durch die Gremien. Erfreulicherweise stoppte das Bundesverfassungsgericht dieses Vorhaben.

Gerade jetzt nach der Bundestagswahl, bei der vor allem die Parteien kräftig zugelegt hätten, die nicht unbedingt für ihre eigentümerfreundliche Gesinnung bekannt seien, so Stürzer, gewinnen die Ausführungen des Präsidenten des Bundesverfassungsgerichts a.D., Prof. em. Dr. Dres. h.c. Hans-Jürgen Papier, zur Frage „Wie viele Belastungen verträgt das Eigentum?“ zusätzliche Aktualität und Brisanz.

Es sei äußerst bemerkenswert, so Papier in seinem Referat, dass sich bereits gut 30 Jahre nach dem Zusammenbruch der sozialistischen Zwangswirtschaft und der sozialistischen Eigentumsordnung auf deutschem Boden gerade in Berlin Vergemeinschaftungsfantasien größter Beliebtheit erfreuten. Laut Presseberichten sei ein Dutzend Immobilienunternehmen mit einem Bestand von circa 240.000 Wohnungen in Berlin betroffen. Das Land Berlin habe einen „Mietendeckel“ beschlossen, obwohl von Anfang an ziemlich klar gewesen sei, dass es verfassungsrechtlich hierfür keine Gesetzgebungskompetenz habe. Folglich hat das Bundesverfassungsgericht dieses Vorhaben gestoppt. Allerdings habe sich das Gericht nicht mit den inhaltlichen Beschränkungen des Eigentums durch den „Mietendeckel“ beschäftigt, sondern sich lediglich mit der Frage befasst, ob das Land Berlin hierzu überhaupt befugt gewesen sei.

Die aktuell zu beobachtenden, dem privaten Eigentum gegenüber kritischen Tendenzen, die sich in einem „Mietendeckel“ und einem „Mietenstopp“ manifestierten, sowie Bestrebungen zur Enteignung von Immobilienunternehmen ab einer bestimmten Größe böten hinreichend aktuellen Anlass, genauer nachzufragen, wie viele Belastungen des private Sacheigentum vertrage.

Die im Grundgesetz verankerte Eigentumsgarantie werde als Menschenrecht betrachtet, erläuterte der Referent. Sie sei ein zentraler Aspekt im Grundgesetz (GG) und für die Stellung des Einzelnen gegenüber dem Staat von herausragender Bedeutung. Die Eigentumsgarantie des Grundgesetzes verleihe dem Individuum die notwendige Unabhängigkeit und Freiheit, sein Leben autonom zu gestalten. Das Leben wäre eine „leere Hülse“, wenn der Einzelne nicht über die materiellen Voraussetzungen verfüge, es auch zu gestalten. Das Eigentum sei die Grundlage für eine möglichst unabhängige Existenzerhaltung. Ohne Eigentum könne es daher auch keine Freiheit geben.

Das Eigentumsrecht biete dem Einzelnen die reale Basis für die freie Entfaltung der Persönlichkeit. Es stärke den Einzelnen in seiner Position gegenüber dem Staat und ermögliche es ihm, dem Staat selbstbewusster gegenüberzutreten. Ein Staat, in dem das Eigentumsrecht nicht anerkannt oder in seinem Gehalt ausgehöhlt werde, sei kein freiheitlich verfasster Staat. Die Eigentumsordnung sei ein Indikator für die Freiheitlichkeit eines Gemeinwesens.

In einem geschichtlichen Exkurs erläuterte Papier die Entwicklung des Eigentumsrechts zu seiner heutigen, im Grundgesetz verankerten inhaltlichen Ausprägung. Im Zuge der Besiedelung der heutigen USA durch Kolonisten aus Großbritannien brachen Konflikte zwischen den Siedlern und ihrem Mutterland auf, die 1776 mit der Trias „Life, Liberty und Property“ in der „Virginia Bill of Rights“ mündeten, in der das Eigentumsrecht als „angeborenes Recht“ bezeichnet wurde. Auch die Bundesverfassung der USA, die „Federal Bill of Rights“ statuierte den Eigentumsschutz ausdrücklich. Im Jahr 1789 löste sich auch die „Französische Menschenrechtserklärung“ vom Eigentumsverständnis des Ancien Régime und rechnete das Eigentum den natürlichen und unveräußerlichen Menschenrechten zu.

Auch in Deutschland fand eine im Vergleich zu Nordamerika und Frankreich verspätete, aber ähnliche verfassungspolitische Entwicklung statt. In der – nicht in Kraft getretenen – „Paulskirchen-Verfassung“ von 1849 genoss das Eigentumsrecht ebenfalls eine zentrale Stellung. Diese Wertung strahlte auch auf die spätere Weimarer Reichsverfassung aus. Sie gewährleistete das Eigentumsrecht als Kernstück des Wirtschaftsverfassungsrechts. Es wurde zwar merklich um soziale Komponenten angereichert. Der Gesetzgeber konnte Inhalt und Schranken des Eigentums stärker näher bestimmen. Die neu aufgenommene Bestimmung, wonach das Eigentumsrecht einer sozialen Bindung unterliege, war damals aber einem Kompromiss zwischen liberalen und sozialistischen Ideen geschuldet. Eine sozialistische Eigentumsordnung sollte durch die Weimarer Reichsverfassung nicht etabliert werden.

Im Zuge der Entstehung der Bundesrepublik Deutschland nach dem 2. Weltkrieg wiesen die Pläne des Parlamentarischen Rates zur Ausgestaltung des Eigentumsrechts deutliche Gemeinsamkeiten mit der Weimarer Reichsverfassung auf, nämlich hinsichtlich der Bestimmung von Inhalt und Schranken des Eigentumsrechts durch den Gesetzgeber sowie hinsichtlich seiner Sozialbindung. Der Schutz des Eigentums durch den aus den Beratungen des Parlamentarischen Rates hervorgegangenen Artikel 14 des Grundgesetzes ist jedoch wesentlich höher als in der Weimarer Reichsverfassung. Anders als diese schützt Artikel 14 GG in stärkerem Maße vor Enteignungen, da hierfür eine angemessene Entschädigung zwingend vorgeschrieben werde.

Artikel 14 GG schütze sowohl das Recht des Habens als auch des Gebrauchmachens von Wirtschaftsgütern und damit auch von Immobilieneigentum. Er schütze, einen Eigentumsgegenstand zu besitzen, ihn zu privaten Zwecken zu nutzen und über ihn zu verfügen, einschließlich der Möglichkeit, aus der vertraglichen Überlassung des Eigentums zur Nutzung durch andere einen Ertrag zu erwirtschaften. Nicht geschützt sei hingegen die Möglichkeit, aus ihm eine größtmögliche Rendite zu erzielen.

Um in den Bestand des Eigentums einzugreifen, stünden dem Gesetzgeber mit der Möglichkeit zum Entzug des Eigentums (Enteignung) gemäß Artikel 14 Absatz 3 GG und der Sozialisierung gemäß Artikel 15 GG starke Instrumente zur Verfügung.

Ein „Mietendeckel“ oder ein „Mietenstopp“ stelle klar keine Enteignung und auch keine Sozialisierung von Immobilieneigentum dar. Es würde hierbei kein Eigentum auf einen öffentlichen oder privaten Träger zur Verwirklichung eines bestimmten Vorhabens des Gemeinwohls übertragen. „Mietendeckel“ und „Mietenstopp“ seien keine Maßnahmen hoheitlicher Güterbeschaffung.

Gemäß Artikel 14 Absatz 1 Satz 2 GG werden Inhalt und Grenzen des Eigentumsrechts durch die Gesetze bestimmt. Ferner lege Artikel 14 Absatz 2 GG fest, dass „Eigentum verpflichtet“ und „sein Gebrauch zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen“ solle. Beide Normen ermächtigen aus sich heraus den Gesetzgeber nicht, in das Eigentumsrecht einzugreifen. Sie stellten jedoch einen inhaltlichen Auftrag an ihn dar. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts habe der Gesetzgeber das „Gebot gerechter Abwägung“ zu beachten. Dieses verlange von ihm, die schutzwürdigen Interessen der Beteiligten in einen gerechten Ausgleich zu bringen. Die einseitige Bevorzugung oder Benachteiligung eines der Beteiligten sei nicht gestattet. Ansonsten würde die eigenverantwortliche Lebensgestaltung des Einzelnen in unzulässiger Weise eingeschränkt.

Je mehr das Eigentum die individuelle Freiheit sichere, desto ausgeprägter sei auch sein Schutz durch die Verfassung. Die Befugnisse des Gesetzgebers zu Eingriffen in das Eigentumsrecht seien andererseits umso weiter, je mehr das Eigentum, und damit auch das Immobilieneigentum, in einem sozialen Bezug und einer sozialen Funktion stehe.

Die Grenze sei bei einer Inhalts- und Schrankenbestimmung durch den Gesetzgeber jedoch dort erreicht, wo das Eigentum in der Hand seines Inhabers zum Wohle der Allgemeinheit genutzt werden könne. Wenn infolge der Eingriffe des Gesetzgebers eine ökonomisch sinnvolle privatnützige Verwendung von Eigentum ausgeschlossen werde, zwangsläufig zu Verlusten führe oder das Eigentum nicht mehr sinnvoll genutzt werden könne, sei die Grenze zur Unverhältnismäßigkeit des Eingriffs erreicht.

Für den Erlass einer „Mietpreisbremse“ habe gemäß Artikel 74 GG grundsätzlich der Bund die Gesetzgebungskompetenz. Die Länder haben insoweit eine Gesetzgebungskompetenz nur, wenn und soweit der Bund von dieser keinen Gebrauch gemacht habe. Die gesetzlichen Bestimmungen zum sozialen Mietpreisrecht in den §§ 556 d ff., 558 BGB stellten eine abschließende Regelung durch den Bund dar. Damit seien die Länder diesbezüglich von einer eigenen (Landes-)Gesetzgebung ausgeschlossen. Gleichzeitig bedeute dies, dass der Bund selbst die gesetzlichen Bestimmungen, z.B. zur Mietpreisbremse, verschärfen könnte.

Mit Beschluss der 3. Kammer des 1. Senats des Bundesverfassungsgerichts (so genannter „Nichtannahmebeschluss“) vom 18.07.2019 sah dieses in den Regelungen zur zulässigen Miethöhe gemäß § 556 d Absatz 1 BGB („Mietpreisbremse“) weder eine Verletzung der Eigentumsgarantie, noch der Vertragsfreiheit, noch einen Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitssatz: Die Nutzungsmöglichkeit von Wohneigentum zur ortsüblichen Vergleichsmiete sichere dem Vermieter einen am örtlichen Markt orientierten Mietzins, der die Wirtschaftlichkeit der Wohnung regelmäßig sicherstellen werde, so das Bundesverfassungsgericht.

Papier erklärte, wenn der Bund allerdings eine Regelung einführen sollte, die die Regelungen des „Berliner Mietendeckels“ im Wesentlichen lediglich kopiere, wäre die Verfassungsmäßigkeit einer solchen Regelung nicht gegeben.

Ein „Mietendeckel“ sei, so Papier, verfassungsrechtlich nur schwer zu beurteilen, denn er könne unterschiedlich eigentumsbeeinträchtigend ausgestaltet sein. Ein „Mietenstopp“ greife in bereits bestehende Mietverhältnisse ein, indem er die zu einem bestimmten Stichtag vereinbarte Miethöhe zumindest für eine gewisse Dauer einfriere. Es werde zudem eine Kappungsregelung diskutiert, die unter bestimmten Voraussetzungen eine Absenkung von bereits aufgrund des „Mietenstopps“ eingefrorenen Mieten durch behördlichen Verwaltungsakt vorsehe.

In der Diskussion stünde darüber hinaus z.B. auch eine gesetzliche Festlegung von Mietobergrenzen bei Neu- oder Wiedervermietungen, u.U. deutlich unterhalb der ortsüblichen Vergleichsmiete.

Die Befugnisse des Gesetzgebers zu Eingriffen in das Eigentumsrecht seien indes nicht grenzenlos. Er unterliege besonderen verfassungsrechtlichen Schranken. Die Orientierung am öffentlichen Wohl, am öffentlichen Interesse und der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit stellten eine Grenze für den Eingriff dar. Eine Wohnung stehe in der Regel erkennbar in einem starken sozialen Bezug, so Papier. Er erinnerte aber auch daran, dass – selbst in Berlin – circa 70 % der Vermieter private Eigentümer seien. Das Immobilieneigentum habe daher auch einen deutlichen privatnützigen Bezug.

Auch wenn man in der öffentlichen Diskussion und auch in der Politik den Eindruck gewinnen könne, das Immobilieneigentum habe als Grundlage privater Existenzsicherung und individueller Lebensgestaltung sowie als gesellschaftlicher Ordnungsfaktor weitgehend seine Bedeutung verloren, treffe dies in der Realität nicht zu. Zwar hätten Arbeits- und Renteneinkommen und die Teilhabe an den Leistungen der staatlichen Daseinsvorsorge an Bedeutung gewonnen. Doch auch das Immobilieneigentum habe nach wie vor eine Ertrags- und Vorsorgefunktion und diene nicht selten der individuellen Lebensgestaltung und Existenzsicherung. Auch über seine existenzsichernde Funktion hinaus entfalte das Eigentum eine beachtliche Freiheitswirkung. Die grundlegenden Funktionen des Sacheigentums seien daher keineswegs obsolet geworden.

Bei der Ausgestaltung mietpreisrechtlicher Vorschriften zwingender Art seien die Belange der Mieter und Vermieter in gleicher Weise angemessen zu berücksichtigen. Papier betonte nochmals, keine der beiden Seiten dürfe hierbei bevorzugt oder benachteiligt werden. Die Grenze für einen Eingriff in das Eigentum sei überschritten, wenn hierdurch für eine gewisse Dauer für die Vermieter Verluste herbeigeführt werden, die Mietsache in seiner Substanz gefährdet werde oder jede wirtschaftlich sinnvolle angemessene Nutzungsmöglichkeit mehr als nur vorübergehend entfalle.

Die Erzielung einer größtmöglichen Rendite sei vom Eigentumsrecht hingegen nicht geschützt, stellte Papier nochmals klar. Der Eingriff in das Eigentumsrecht dürfe auf der anderen Seite auch nicht ausschließlich in Fremd- oder Gemeinnützigkeit des Eigentums umschlagen.

Die Prüfung durch das Bundesverfassungsgericht, ob ein Eingriff in das Eigentumsrecht verfassungskonform sei, erfolge in mehreren Prüfungsschritten:

Die geplante Regelung müsse zunächst ein verfassungsmäßig legitimes Ziel verfolgen. Die Regelung müsse zur Erreichung des Ziels ferner geeignet sein. Der Gesetzgeber habe hierbei einen Gestaltungsspielraum. Es sei zu prüfen, ob zumindest die Möglichkeit der Erreichung oder einer Annäherung an das angestrebte Ziel bestehe. Ferner müsse der Eingriff erforderlich sein, d.h. es dürfe kein milderes Mittel zur Erreichung dieses Zieles zur Verfügung stehen, und es dürfe für die betroffenen Eigentümer nicht unzumutbar und unangemessen sein.

Miethöheregelungen des Gesetzgebers verfolgten, so Papier, in der Regel einen legitimen Zweck, insbesondere bei Neu- oder Wiedervermietung der Verdrängung wirtschaftlich weniger leistungsfähiger Bevölkerungsgruppen aus stark nachgefragten Wohnquartieren entgegenzuwirken.

Gegen die Geeignetheit einer Regulierung der Miethöhe könne indes sprechen, dass sie in einer bestimmten Region die Nachfrage nach Wohnungen noch ansteigen lasse, weil sich in finanzieller Hinsicht dadurch der Kreis der Wohnungsinteressenten vergrößere. Dann werden Vermieter Mietinteressenten mit besserer Bonität den Vorzug geben. Wirtschaftlich schwächere Interessenten hätten das Nachsehen.

Eingewandt werden könne ferner, Vermieter verlören angesichts einer regulierten Miethöhe und geringerer Ertragsaussichten möglicherweise das Interesse an einer Neuvermietung. Das Angebot an Neuvermietungen könnte deshalb zurückgehen. Ferner könne sich die Regulierung der Miethöhe negativ auch auf die Neubautätigkeit auswirken.

Dennoch werde man auch im Hinblick auf diese Kritikpunkte die Ungeeignetheit einer gesetzlichen Regulierung der Miethöhe nicht eindeutig bejahen können. Das Bundesverfassungsgericht halte ihre Eignung zumindest für möglich.

Weiterer Prüfstein sei die „Erforderlichkeit“ der Regulierung. Es sei zu prüfen, ob nicht ein gleichwertiges, milderes Mittel zur Erreichung des angestrebten Ziels zur Verfügung stehe. Kritisch sei zu hinterfragen, ob nicht auch eine Mietpreis-„Bremse“ die gleiche Wirkung wie ein rigider Mieten-„Deckel“ haben könnte; ob nicht auch eine erweiterte und zielgenauere Gewährung von Wohngeld an einkommensschwache Bevölkerungskreise ausreichend wäre; und ob nicht auch eine stärkere öffentliche Förderung des Wohnungsbaus zielführend sei.

Schließlich sei z.B. der „Mietendeckel“ am Kriterium der „Verhältnismäßigkeit“, d.h. der Zumutbarkeit, zu messen. Im Spannungsfeld zwischen dem Eigentum und den Interessen der Allgemeinheit sei die konkrete Ausgestaltung eines „Mietendeckels“ entscheidend. Je undifferenzierter und je restriktiver der „Mietendeckel“ ausgestaltet sei, desto eher sei davon auszugehen, dass er im Rechtssinne „unverhältnismäßig“ sei. Eine einseitige Bevorzugung der Mieter sei nicht verhältnismäßig, wenn eine regulierte Miete letztendlich allen Mietern zugutekomme, also auch den Mietern, die diese finanzielle Bevorzugung nicht nötig hätten. Unverhältnismäßigkeit läge ebenso vor, wenn bei einem „Mietenstopp“ soziale und „gierige“ Vermieter gleichermaßen bestraft würden. Die Undifferenziertheit und damit Unverhältnismäßigkeit einer Mietpreisregulierung würde zudem verschärft, wenn die örtliche Lage einer Wohnung nicht berücksichtigt würde. So sei zwischen Wohnungen in wohlsituierten Wohnlagen und Wohnungen in ärmeren Lagen zu unterscheiden.

Jedenfalls müsse eine bundesgesetzliche Regelung eines „Mietendeckels“ dem Eigentümer ein hinreichendes Maß an privater Nutzung belassen.

In seinem Schlusswort erinnerte Professor Papier daran, dass durch die mietpreisrechtliche Regulierung nicht eine einzige neue Wohnung geschaffen werde. Sie dienten lediglich der Verwaltung eines knappen Gutes, nicht aber der Beseitigung oder Linderung dieses Zustands. Bei einseitiger und überdehnter Mietpreisregulierung verschärfe sich die Wohnungsknappheit vielmehr. Außer Acht gelassen werde zu oft der Umstand, dass es kein einklagbares Recht des Einzelnen auf bezahlbaren Wohnraum gebe – weder gegenüber dem Staat noch gegenüber einem Privaten noch in einer Gegend des eigenen Beliebens.

Was es sehr wohl gebe, sei der Auftrag an den Staat, für ein hinreichendes Angebot an Wohnraum im Rahmen seiner Möglichkeiten Sorge zu tragen. Dies umfasse auch die Verpflichtung, die Lebensverhältnisse einschließlich der Infrastrukturen, auch der informationstechnischen Infrastrukturen, auch außerhalb der Ballungsräume entscheidend zu verbessern.

Bei der Wahrnehmung dieses sozialstaatlichen Auftrages habe der Staat die Grundrechte der Bürger, auch das Eigentumsrecht gemäß Artikel 14 GG, zu achten. Auch ein legitimes Ziel rechtfertige zu seiner Erreichung nicht alle Mittel, vor allem nicht unrechtmäßige Zugriffe auf das Eigentum der Bürgerinnen und Bürger.

Aus dem Blick gerate auch, dass es in der Bundesrepublik Deutschland nicht nur zu wenig Wohnungen gebe, sondern zu wenig Bürger über Wohnungseigentum verfügten. Es gebe zwar kein Grundrecht auf staatliche Verschaffung von Eigentum, auch nicht auf Bereitstellung der finanziellen Mittel zu dessen Erwerb. Es wäre aber Ausdruck verfassungspolitischer Klugheit, den Erwerb privaten Immobilieneigentums stärker als bisher staatlich zu fördern. Die ungleichgewichtige Verteilung Privateigentums stelle jedenfalls auf Dauer eine ernsthafte Gefahr für die freiheitliche Verfassungs- und Gesellschaftsordnung und für die institutionelle Eigentumsordnung dar. Der Staat sei prinzipiell verpflichtet, auf eine breitere Eigentumsstruktur gerade auch im Hinblick auf das Wohneigentum hinzuwirken und einer weiter auseinanderdriftenden Vermögensverteilung entschiedener entgegenzutreten.

Die Anzahl der Wohnungseigentümer in Deutschland sei deutlich geringer als im europäischen Vergleich. Sie seien deshalb gerade in krisenhaften Zeiten vergleichsweise abhängiger von staatlicher Unterstützung. Es bestehe langfristig die ernsthafte Gefahr, dass eine auf Freiheit und Privateigentum gründende Verfassungs- und Gesellschaftsordnung auf Dauer und insbesondere in krisenhaften Zeiten nicht mehr von denen mehrheitlich mitgetragen werde, die zur überwältigend großen Masse der Nichteigentümer gehören.

Der in Berlin initiierte Volksentscheid zur Sozialisierung von Wohneigentum sei ein erstes Warnzeichen. Professor Papier konstatierte schwere Versäumnisse in der Vermögens- und Eigentumspolitik und beklagte, dass die Politik in Deutschland gar nicht daran denke, wirksam gegenzusteuern und den eklatanten Missstand in unserer freiheitlichen Grundordnung überhaupt als solchen zu erkennen.

Notwendig sei eine politische und kulturelle Wende hin zu mehr Wertschätzung, zu mehr Stabilisierung und Förderung unserer auf individueller Freiheit, Selbstbestimmung und Privatautonomie basierenden Gesellschafts- und Wirtschaftsordnung, die selbstverständlich sozialstaatlich abgefedert und domestiziert sei.

Gleichwohl deute vieles darauf hin, dass die tatsächliche Entwicklung in Deutschland in die genau entgegengesetzte Richtung hin zu mehr autoritärer Fürsorge und Wohlfahrtsstaatlichkeit führe. Die Warnung, Freiheit sei in Gefahr, habe, schloss Professor Papier seinen Vortrag, auch in der Eigentums- und Vermögenspolitik ihre Berechtigung.